Marienkirche, von der Bismarckstraße her gesehen, vor dem Krieg, noch mit Dachreitern, Türmen mit Schieferdeckung und Wasserspeiern |
Bei der Einführung des neuen Pfarrers [Schunck, am 1. Dezember 1906] wurde in einer Ansprache darauf hingewiesen, dass schon zu Lebzeiten seines Vorgängers neue Pläne für den Erweiterungsbau der Kirche, den Neubau einer Kaplanei und eines Schwesternhauses gemacht waren, die aber wegen der Erkrankung des Pfarrers [Becker] nicht ausgeführt werden konnten. So war es selbstverständlich, dass der neue Pfarrer an die Ausführung dieser Pläne gehen musste. So konnte beim Durchblättern des Pfarrarchivs festgestellt werden, dass auch wirklich die äußere Haupt- und Lebensaufgabe des Pfarrers Schunck in dem Erweiterungsbau der Kirche, dem Neubau des Vinzenzhauses und der Vikarie bestanden hat, die er alle gut zu Ende geführt, aber seine Kräfte vor der Zeit sehr geschwächt haben.
In die Jahre 1907 bis 1909 fällt der Erweiterungsbau der Pfarrkirche. Bereits im Dezember 1907 hatte Diplom-Architekt J.F. Klomp aus Dortmund den Plan ausgearbeitet, nach welchem die endgültige Erweiterung der Kirche erfolgte, so dass der Güldenpfennigsche Plan nicht zur Ausführung kam. Nach diesem neuen Plan wurde das Langschiff um ein Joch verlängert und daran zwei Seitenkapellen errichtet. Zwei gewaltige Türme von rund 60 m Höhe, in deren Inneren sich die Orgelempore befindet, beschließen im Süden die Kirche. Die Architektur des Erweiterungsbaues ist im Gegensatz zum ersten Bauabschnitt, der einfach und schlicht gehalten ist, reicher gestaltet. Terrakotten, Tuff- und Formsteine fanden Verwendung.
Christus als Weltenretter |
Dabei entstand die wohl kunstvollste Ziegelfassade im Sakralbau des Ruhrreviers. Für das Hauptportal wurden selbst die korinthischen Kapitelle der flankierenden Säulen aus Ziegelton gebrannt.
Im Inneren der Kirche wurde die gerade Decke des ersten Bauteiles beseitigt und die ganze Kirche mit einem Rabitzgewölbe versehen. Dadurch wurde eine einheitliche Raumwirkung erzielt. Nach außen macht die Eingangspartie durch ihre Ornamentik von der Bismarckstraße her einen wuchtigen Eindruck. Den Eingang überragend, kündet die überlebensgroße Figur Mariens als Königin, die von einer siebenfach durchbrochenen Glasrosette umrahmt ist, dem Kirchenbesucher, dass Maria die Patronin der Gemeinde ist. Im Giebelfeld ist Christus als Weltenrichter dargestellt. Die Dachpartie fand anfangs einen Abschluss in einer imposanten Kreuzigungsgruppe, die aber wegen Materialschaden entfernt werden musste. Unterhalb des Madonnenbildes sehen wir eine gut gearbeitete Verkündigungsszene, aus Sandstein gefertigt.
Dieser Erweiterungsbau hat der Kirchengemeinde große und unangenehme Schwierigkeiten bereitet. Wegen Pfeilerbruchs musste die Kirche baupolizeilich geschlossen und der Gottesdienst wieder in die frühere Notkirche des Newelingschen Saales verlegt werden. Statt des projektierten schlanken Pfeilerbaues im Turm mussten nun im Inneren der Kirche Mauern gezogen werden, welche dem inneren Aussehen der Kirche Abbruch getan habe. Die Abnahme der Kirche durch die betreffende Behörde und den Kirchenvorstand fand am 09. August 1909 statt. Leider schloss sich an den Kirchenbau ein unangenehmer, langjähriger Prozess an, welcher 1914 zugunsten der katholischen Kirchengemeinde Herne-Baukau entschieden wurde.
Dahingehend, dass unser Vertrag, der mit dem Bauunternehmer auf eine bestimmte, runde Summe lautet, gültig sei. Auch die unberechtigten Mehrforderungen des Diplomingenieurs Klomp, Dortmund, der Bauleiter vom Kirchen- und Kaplaneibau, wurden vom Kirchenvorstand nicht anerkannt und verzichtete derselbe alsbald auf gerichtliche Verfolgung vermeintlicher Mehransprüche. Oder sollte es etwa richtig sein, wenn die betreffende Leitung mit bestimmten Prozentsätzen übernommen ist und man nachher dann mit allerlei Nebenrechnungen für Reisen, Bauführer u.a. ankommen will? Nein! Deshalb blieb der Kirchenvorstand fest bei seiner Weigerung, hierfür Sonderzahlung zu leisten.
Bei den Wiederherstellungsarbeiten des östlichen Turmes im Mai 1949 wurde unter dem Kreuze eine kupferne Kapsel gefunden, in welcher sich zwei Urkunden befanden. Die erste Urkunde hat folgenden Inhalt:
Die zweite Urkunde berichtet über die Turmkreuze:
Diese Turmkreuze wurden angefertigt im Jahre 1908 von Franz Ahrens, Kunstschmiede Bochum.
Ein bedeutendes Ereignis für die St.-Marien-Pfarrei war am 20. April 1914 der Besuch des hochwürdigsten Herrn Bischofs Carl Joseph Schulte, der am gleichen Tag die Pfarrkirche feierlich konsekrierte und dem Hochaltar die Reliquien der Märtyrer Mansuetus und Simplicius einmauerte.
Die Kirche wurde 1996 als Bauensemble mit dem Vikariegebäude unter Denkmalschutz gestellt.
Der Text dieser Seite von Herrn Georg Schumacher wurde in leicht bearbeiteter Form aus der Festschrift "100 Jahre St.-Marien-Gemeinde Herne-Baukau 1896-1996" entnommen.
Der blaue Text wurde entnommen aus:
Chronik Geschichte der Pfarrei Herne-Baukau (maschinenschriftliches Exemplar), Pfarrarchiv
Der grüne Text wurde entnommen aus:
Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Grundsteinlegung der St.-Marien-Kirche zu Herne in Westfalen am 23. Juli 1949