Nachdem bereits am 6. Oktober 1900 zwei kleinere Glocken, die im Dachreiter der Kirche Aufnahme fanden, für die neue Kirche angeschafft waren, von denen die größere (Gewicht 103 kg) der Königin des hl. Rosenkranzes, die kleinere (Gewicht 73,5 kg) dem hl. Erzengel Gabriel geweiht war, erhielt die Pfarrei jetzt ein neues Geläute. Am 21. April 1909 wurden vier neue Bronzeglocken, hergestellt von der Firma F. Otto in Hemelingen, durch Dechant Schaefer feierlich benediziert. Nach dem Urteil des Domorganisten Cordes war "die Tongebung bei jeder Glocke voll und edel, frei von Stößen und Schwankungen. Alle Glocken präsentieren sich als fehlerfreier Rohguss ohne Vertiefungen oder Erhöhungen auf der inneren oder äußeren Fläche. Verzierungen und Inschrift sind in tadelloser Ausführung angebracht." Das Geläute hatte die Töne Es´, F´, G´ und B´.
Am Osterfeste 1909 wurden die Glocken zum ersten Male geläutet. Die erste und vierte Glocke hingen im östlichen Turm, die zweite und dritte im westlichen. Leider musste unsere Mariengemeinde von ihrem Geläute im Jahre 1917 fünf Bronzeglocken, die mit der Gemeinde Freud und Leid geteilt hatten, an das Vaterland abliefern, nachdem sie am 19. Juli zum letzten Male geläutet hatten. Nur die kleinste Bronzeglocke im Dachreiter blieb.
Die Chronik selbst schildert die Angelegenheit noch gefühlvoller:
Ostern 1909 riefen aber schon vier neue, klangvolle Bronzeglocken zum Gottesdienst. Leider mussten dieselben im Weltkrieg auf den Altar des Vaterlandes gelegt werden, was nur mit schwerem Herzen und letzter Androhung der gewaltsamen Entfernung der Glocken auf Kosten der Kirchengemeinde zum äußersten Termin geschehen ist. Manch nasses Auge sah wehmütig dem Abtransport der Glocken nach.
Abtransport der Bronzeglocken 1917
Am 22. August 1917 lieferte dann die Firma Vortmann in Recklinghausen zwei Stahlglocken für das Schlagwerk der Uhr.
Die Sammlung für Anschaffung neuer Glocken wurde 1921 unter Pfarrer Schunck noch begonnen. Leider stand derselbe auf dem gewiss idealen Standpunkt hierbei, dass Bronzeglocken nur für ihn in Frage kämen. Dadurch wurde die Anschaffung und Bestellung neuer Glocken mehr als notwendig verzögert und verteuert.
Sodann wandte [der neue Pfarrer Bertrams] seine Sorge der Erwerbung neuer Kirchenglocken zu, die am 19. März beim Bochumer Verein für Bergbau- und Gussstahlfabrikation bestellt wurden, da ja die alten Bronzeglocken 1917 für Kriegszwecke Verwendung fanden.
Die Chronik sagt dazu:
Die alten Bronzeglocken waren erst im Jahre 1909 geliefert und noch nicht ganz abbezahlt, als die im Jahre 1917 im Dienste des (in diesem Punkte verblendeten) Vaterlandes heruntergeholt wurden, um kriegerischen Zwecken zu dienen.
Der Kostenpunkt der neuen Stahlglocken sollte nach dem Vertrag 165.000 Mark betragen.
Pfarrer Bertrams schreibt:
Am 23. [März 1923] elektrisch nach Bochum zum Gussstahlwerk gefahren (2.000 Mark Fahrgeld) wegen der Glocken. Dort die erfreuliche Nachricht erhalten, dass dieselben gegossen sind. Versandfertig sollen sie in sechs Wochen sein. Kostenpunkt für uns nach Vertrag 165.000 Mark. Später 100 Prozent Teuerungszuschlag bewilligt. Also Betrag: 330.000 Mark. Jetziger Wert bei Bestellung: ca. 17 Millionen. Der Preis der Stahlglocken stellt sich auf etwa 2.300 Mark [Goldmark].
Glocke im Kirchturm
Leider war es Pfarrer Bertrams nicht vergönnt, die neuen Glocken in Baukau läuten zu hören, da er vorher plötzlich starb. Die Glockenweihe fand am 30. Juni 1923 statt, und am Fronleichnamsfest läuteten zum ersten Male beim "Te Deum" die neuen Glocken von St. Marien zur größten Freude der Gemeinde.
Das Urteil über die Glocken ist befriedigend. Dem Umstand, dass nach dem Ersten Weltkrieg Gussstahlglocken angeschafft wurden, ist es zu verdanken, dass wir während des letzten Krieges und in der jetzigen Nachkriegszeit unser festliches Geläute ertönen lassen können.
An dieser Stelle darf vorausgeschickt werden, dass kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges von der Firma Bockelmann und Kuhlo in Herford ein elektrisches Läutewerk hergestellt wurde, das am Weihnachtsfeste 1939 zum ersten Male benutzt werden konnte, während bis dahin die Glocken durch Seile in Bewegung gesetzt werden mussten.
Die Bronzeglocke, welche früher im Dachreiter der Kirche hing und von den Dominikanern in Meckinghoven stammt, erhielt einen neuen Platz im Türmchen des Kindergartens an der Hafenstraße und ruft nun die umliegenden Katholiken zum Gottesdienst. Eine der früheren Stahlglocken, die bei der Turmuhr Verwendung fanden, wurde an eine Diasporagemeinde verschenkt, die andere hat "Haus Nazareth" in Wanne-Eickel erhalten.
Der Text dieser Seite von Herrn Georg Schumacher wurde in leicht bearbeiteter Form aus der Festschrift "100 Jahre St.-Marien-Gemeinde Herne-Baukau 1896-1996" entnommen.
Der blaue Text wurde entnommen aus:
Chronik Geschichte der Pfarrei Herne-Baukau (maschinenschriftliches Exemplar), Pfarrarchiv
Der grüne Text wurde entnommen aus:
Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Grundsteinlegung der St.-Marien-Kirche zu Herne in Westfalen am 23. Juli 1949